(wk) Eine Exkursion der besonderen Art veranstaltete der Naturschutzverein am 29. Juni 2013. Hubert Ingelmann hatte ein Treffen mit Manfred Röschel aus Segeste organisiert, der nicht nur im Landesvorstand der Ameisenschutzwarte Niedersachsen e.V. tätig ist, sondern zugleich auch seit 38 Jahren Vorsitzender der sehr rührigen „Schutzgemeinschaft Wald und Flur“ in Segeste.
Manfred Röschel führte uns zu seinen Lieblingen, es sind die Waldameisen der Art „Kahlrückige Waldameise (Formica polyctena)“ mit ihren beeindruckenden Nesthügeln im lichten Bestand des Nadelwald oberhalb Segestes. Doch viel von dem, was zum „Nest“ gehört, ist für den Beobachter nicht sichtbar, sondern im Erdreich unter dem Hügel nebst Erdauswurfsring verborgen.
Neben der roten Waldameise und der Wiesen-Waldameise gehört auch die Kahlrückige Waldameise zu den besonders geschützten Tierarten.
In seinem sehr anschaulichen Vortrag machte uns Manfred Röschel mit dem Geschehen im, am und um das Waldameisennest herum vertraut. Er berichtete vom dynamischen Nestbau und –umbau, dessen ausgeklügelter Belüftung und Temperaturregelung, der überaus differenzierten Arbeitsteilung im Ameisenstaat. Nach der „Aktivierung“ des Nests im Frühjahr bzw. dem Wiederaufbau der Nestkuppel nach den Wintermonaten beginnt für den Ameisenstaat ein bewegtes Jahr. Zunächst mit der „Produktion“ von Geschlechtstieren zur Arterhaltung, danach werden nur noch Eier gelegt, aus denen ausnahmslos Arbeiterinnen hervorgehen, die wiederum auf „eigenen“ Nachwuchs verzichten sondern sich ausschließlich um die ihnen obliegenden Aufgaben im Interesse des Gesamtstaates kümmern werden. Das wäre insbesondere die Nahrungsbeschaffung, Brutpflege, Nestbau, -reinigung und sozialer Wärmehaushalt, Verteidigung.
Ameisen orientieren sich mit ihren Sinnesorganen. Das wichtigste Sinnesorgan der Ameise sind die beiden Fühler, denn hiermit nimmt sie den Großteil der Informationen um sich herum auf, z. B. chemische Wahrnehmung (Duft-, Geschmacksstoffe), mechanische Wahrnehmung (Schwingungen, Luftströmungen) und thermische Wahrnehmung.
Die Augen sind bei fast allen Ameisen sehr schlecht entwickelt, oft taugen sie daher nur zur Wahrnehmung von Helligkeitsunterschieden oder Bewegungen in der Umgebung. Viele Ameisen können sich übrigens sogar bei bewölktem Himmel anhand des Standortes der Sonne und dem für uns Menschen nicht sichtbarem Polarisationsmuster orientieren.
Zur Orientierung sind auch die auf der Stirn gelegenen Punktaugen wichtig, die besonders bei den Geschlechtstieren sehr ausgeprägt sind.
Ameisen haben eine große ökologische Bedeutung. Nicht nur, dass sie dazu beitragen, Schadinsekten zahlenmäßig in Schach zu halten. Auch Teilmengen des von den Ameisen „geernten“ Honigtaues kommen wiederum dem Ökosystem zugute, ein komplexes System, dessen Darstellung diesen kurzen Bericht sprengen würde. Und schließlich dienen Ameisen auch anderen Tieren – zum Beispiel auch den Vögeln – selbst als Nahrung.
Die größte Bedrohung der Ameise ist der Mensch mit seinen Eingriffen in das ausgeklügelte Ökosystem.
Helfer wie unser Referent befassen sich mit der Bestandserkundung und Bestandserfassung als Voraussetzung einer gezielten Bestandserhaltung.
Nach viel „Theorie und Praxis“ tat schließlich ein gemeinsames Kaffeetrinken auf dem vereinseigenen Gelände der „Schutzgemeinschaft Wald und Flur“ gut.
Wenn das die Ameisen im Walde gewusst hätten, was Mitglieder des Naturschutzvereins da Leckeres gebacken hatten … .
Wir werden Manfred Röschel demnächst zu uns einladen, um einer größeren Zahl von Vereinsmitgliedern diese Informationen ebenfalls zu vermitteln.
Und bei den nächsten Spaziergängen in unseren gemeindeeigenen Wäldern werden wir auch etwas aufmerksamer auf unsere „eigenen“ Ameisen achten.
Bildergalerie (zum Vergrößern bitte anklicken) - Fotos: Kauer -: